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True Stories: Gaby und Valesco

True Stories: Gaby und Valesco

Vor einem viertel Jahr erreichte mich der verzweifelte Anruf einer todunglücklichen Pferdebesitzerin: „Wir haben schon alles probiert! Aber egal, welchen Trainer wir hier hatten, Samurai ist nicht handhabbar. Er beißt und schlägt aus, wann immer man was mit ihm machen will. Ich liebe ihn über alles, aber wenn Sie uns nicht helfen können, bleibt nur noch der Abdecker.“

Wir telefonierten lange miteinander, und Gaby P. erzählte von der Leidensgeschichte ihres Welshmix-Wallachs. Beim Anschauen und Probereiten sei er lammfromm gewesen, ein kurzer Ausflug ins Gelände lief völlig unspektakulär, und Gaby wusste, sie hatte ihr Traumpferd gefunden. Ihr Wunsch war ein Herzenspferd, mit dem sie entspannt ausreiten könnte, und das ihrer kleinen Enkelin als ruhiges Kinderpony erste, schöne Erfahrungen mit Pferden vermittelt. Mit dem Schimmelwallach schien dieser Traum in Erfüllung zu gehen, und das Glück war perfekt.

Doch direkt nach Samurais Einzug in seinen neuen Stall schien er wie verwandelt. Gaby berichtete, es war, als hätte ihr der Verkäufer ein völlig anderes Pferd gebracht. Das Tier reagierte auf Menschen überraschend schnell aggressiv, legte bei Annäherung oder gar Berührung die Ohren an und ging mit Bissen und Tritten zum Angriff über. Geschockt über diese Wandlung vermutet sie, dass es über einen akut aufgetretenen Reheschub hinaus einige unschöne Geschichten in seiner Vergangenheit gegeben haben muss. Denn sie ist fest überzeugt, dass kein Tier wird bösartig geboren.

Um im Alltag zurecht zu kommen, holte sie verschiedene Pferdetrainer zu Hilfe, doch die Situation wurde dadurch eher schlimmer als besser und eskalierte zunehmend häufiger.

Also ließ sie den Wallach weitgehend in Ruhe, näherte sich ihm mit viel Bedacht und Geduld, und konnte ein erstes, schmales Band zwischen ihnen knüpfen. Doch den „simplen“ Pferdealltag bekamen sie nicht ausreichend in den Griff. Am Ende mit ihrem Latein begann Gaby zu überlegen, wie es weitergehen könnte. Den Wallach verkaufen? Wäre unverantwortlich dem Tier gegenüber. Aber was dann?

Als sie von lieben Freunden auf das Training über positive Verstärkung aufmerksam gemacht wurde, schöpfte sie wieder Hoffnung. Wenn man Samurai zu nichts zwang und auf seine Nöte einging, konnte er ganz gelassen bleiben. Ob ein Training, bei dem alles möglich ist, aber nichts erzwungen wird, für ihn funktionieren könnte? Sie wurde aktiv und griff zum Telefon.

Kurz darauf trafen wir uns zum Erst-Termin vor Ort.

Wir begannen mit einem Überblick über die Grundlagen der positiven Verstärkung, den wichtigen Aspekten, und vor allem mit Trockenübungen für die notwendigen Bewegungsabläufe, ganz ähnlich wie Musiker, die ihre Fingerübungen machen. Und weil Worte Bilder im Kopf erzeugen und sich auf die Körpersprache auswirken, schlug ich vor, dem hübschen Wallach zum Neuanfang einen neuen, friedvolleren Namen zu geben.

So wurde aus dem kriegerischen Samurai der freundliche Valesco. Und das nicht nur im übertragenen Sinn, wie sich in den folgenden Wochen herausstellte.

Aus Sicherheitsgründen begannen wir das Training hinter einer Absperrung. Durch Gabys Einsatz, die Aufgaben des Grundlagentrainings von Woche zu Woche sehr gewissenhaft zu üben, lernte Valesco innerhalb kürzester Zeit, neben dem Trainer ruhig in seiner Grundposition zu stehen und zu warten, bis er eine Aufgabe oder aber seinen Click für friedliches Stillstehen bekam.

Sein Clickertraining wurde für ihn im Handumdrehen seine liebste Beschäftigung, und er begann schon bald, freudig zu brummeln, wenn er wusste, dass er seine Aufgabe gut machte. Stück für Stück erclickerten sich Gaby und Valesco all die notwendigen Alltagsroutinen vom Hufe geben übers Eindecken bis zum Einsprühen lassen.

Mittlerweile trägt Valesco entspannt eine Fressbremse, Fliegenmaske und beliebige Pferdedecken. Er kann die Hufe geben, ohne zu treten oder zu beißen, reagiert auf Annäherungen von rechts nicht länger aggressiv, und wir üben nun gemeinsam den Einstieg ins Reitpferdeleben – immer nach dem gleichen Prinzip, indem wir ihn fragen: „Valesco, kannst du…?“ Und wenn er „ja“ sagt, bedanken wir uns mit einem Click und einer kleinen Portion Futter.

Mit dieser Art zu kommunizieren, ihn wahrzunehmen und darauf einzugehen, wenn er leise sagt: „Sorry, nein, das kann ich grad nicht.“ kommt Valesco wundervoll zurecht. Ihn wegzugeben, ganz gleich wohin, ist für Gaby heute kein Thema mehr.

Sie hat ihr Traumpferd gefunden.

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